Mittwoch, 26. September 2007

I lost my last shirt, am I now free as a bird?

Clairemont Jail

Die letzten Tage verbringen wir im und um das Gefängnis von Clairemont. Liegen Stunden auf dem Dach, lassen uns die Birne braten und reden danach nur noch Blödsinn. Ich bin ja kein Birnenbrater, aber einmal im Leben sollte es ausprobiert werden – dort oben im braunen Ausguckposten gegen die staubbraune Umgebung.
Jede Reise hat seinen unbestrittenen Höhepunkt, während wir uns bis jetzt einig waren, er wäre noch nicht eingetreten, so waren wir uns nun sicher.
Zur richtigen Zeit eigentlich.
Wäre er zu früh gekommen, wie vielleicht bei unserer Bulgarienreise, wo wir ihn schon nach dem Dritten Tag in Melnik begrüßten und der anschließende Weg, oft nur eine Sehnsuchtsbekundung nach dem stillen Bergdörfchen in den Rhodopen war, waren wir nun überzeugt diesen Höhepunkt genau zur einzig richtigen Zeit geschenkt bekommen zu haben.

Die nun seit über zwei Monaten dauernde, oft nicht befriedigende Reise neigte sich dem Ende hin und so blieben uns noch ein paar Tage der Reflexion.

Die größte Freiheit sozusagen, dort oben auf dem Gefängnis von Clairemont.
Nie noch war uns ein so unendlich weiter und roter Horizont beschieden gewesen. Dort wo die Natur unendlich wird, dort kamen wir ein Stück in uns hinein. Diese Weite erst, macht einen so klein - nicht wie die Enge der Stadt die Lust auf Größe kultiviert, ja einen einredet Größe besitzen zu müssen – nein so klein, das es erst möglich wird sich selbst zu fassen.
Dort wo das nichts alles wird kommt der Überblick.

Menschen gab es dort keine, dafür hatten wir uns Tage zuvor ausreichend einer gaffenden Masse ausgesetzt. Der Giftshop der nichts enthielt (außer uns) war beliebter, als ein Playboy im Rekrutenzimmer. Da kann sich das Künstlerhaus hinten anstellen, die mit ihren 3 Besuchern pro Tag.
Hier im ewigen Sand sind wir also nicht in der Kulturwüste gelandet.

Aber jetzt ist genug, an Menschen, an Gafferei, an Kulturbotschafterei - jetzt haben wir unseren eigenen Staat gegründet: Zweintopf Terretory.

In diesen Tagen verlassen wir unseren Horst nur einmal, um Lebensmittel einzukaufen. Ein paar Kilometer entfernt, dort wo sich das Rötliche ein wenig ins Gelblich zu verfärben beginnt, dort schallt die Ballerei. Ist ja kaum zu Trauen seinen Augen, was die einem da auf die Linse zaubern – stehen da doch wirklich unzählige Jugendliche in der Gegend rum und ballern dort auf Ziele und Dosen in der landschaftlichen Ferne – gerade so als ob sie einen ordentlichen Knall hätten.
Das sei normal hier in Amerika, bot uns ein Mädchen zur Beruhigung an, schließlich sei es nach der Schule ziemlich fad hier und in der Schule auch nicht besser.
Der akustischen Umweltzerstörung einladender Weise beizuwohnen, wissen wir zum Glück wortkarg abzuwehren.





Im nächsten Ort kaufen wir eine Zeitung, in der uns die ziemlich reißerische Überschrift entgegen springt (aber nur grafisch mag sie uns beeindrucken, denn an richtige Schlagzeilen ist man in einem Kronen Zeitung- Land schließlich gewöhnt). „The Devil himself in New York“, darunter ein Bild mit dem lachenden iranischen Präsidenten.
Auf die Aussage: „Im Iran leben die freiesten Menschen der Welt“ müssen wir schon ein wenig schmunzeln – „So ein Unwissender“, meint Eva – die freiesten Menschen leben wohl in Zweintopf Territory.

Ich lege mich mit Thomas Bernhard und „Auslöschung“ vor das Gefängnis und denke mir, wie wohl er über all das richten würde –

Eine Natur wie keine Zweite und so an dieser Natur desinteressierte Menschen. Nicht nur nicht interessierte Menschen sondern dieser wunderbaren Natur absolut niederträchtig gegenüber Eingestellte. Und wie sie diese Natur hassen so versuchen sie sich zu lieben, wo doch eigentlich nur Hass angebracht wäre und dieser Natur doch so viel mehr Liebe entgegengebracht werden müsste.

Wohl so irgendwie.

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