Sonntag, 18. November 2007

Zellkultur



Was soll ich sagen, außer vielleicht „We are back“ oder so ähnlich, was natürlich die steirisch-amerikanische Tradition fortsetzten würde und auch ich melde mich nach längerer Sende/Schreibepause wieder zurück. Quasi auferstanden. Nachdem mir fast die ganze Reise über kein noch so kühles Lüftlein etwas anhaben konnte und ich aufgeputscht durch einen Cocktail gemischt aus Reiselust und äh Schrägstrich Angst und man weiß ja nie und so fast die ganze Zeit über als kerngesund zu bezeichnen gewesen wäre, musste der Absturz ja irgendwann kommen. Das „Heimat“- Land war dann doch ein wenig zu frostig für mein Abwehrsystem. Ich habe ja die Theorie, dass es, endlich entspannt zu Hause und alle Strapazen hinter sich, eben nichts mehr abzuwehren gab und krankheitstechnisch alles über mir zusammengebrochen ist. Also lag ich einige Tage schnupfend - eine ordentliche Brise europäischer Viren eben. Sowas gehört laut Mama halt auskuriert und durchschwitzt… Also schön, also wie neu geboren und alles mit etwas Abstand betrachtend, sitze ich nun hier … alle überschwänglichen Begrüßungen und das viele Erzählen hinter mir und kann endlich in Ruhe selbst zurückblicken….

Ist man die ganze Zeit unterwegs, verzerrt sich die eigene Wahrnehmung auf eine ganz kleine „Zelle“, die plötzlich für den Rest der Welt herhalten muss… Das Auto in dem man sitzt, der andere Mensch, die paar Bücher, die zwei Rucksäcke und drei Reisetaschen, der neue vorübergehende Krempel, den man sich irgendwo rasch besorgt hat. Diese „Zelle“ ist aber ständig in Bewegung, ständig woanders, man bewegt sich in ihr oder doch nicht. Im Endeffekt wird so eine Reise um des Reisens willen und um den bestimmten Weg den man zurücklegen will seltsamerweise sehr schnell zu einer Reise zu sich selbst.




Unmittelbarkeit bestimmt alles Handeln, weil man sowieso nicht vorarbeiten, vorgreifen kann. Warten, bis man da ist. Endlich. Papa, wie weit ist es noch? Das hat man als Fünfjährige gefragt. Wie viele Stunden?

Das Zeitgefühl wird ein anderes. Termine haben keine wirkliche Bedeutung, weil es sie schlicht nicht gibt. Alles fließt dahin. Und stockt. Und Fließt. Und man lernt damit zurechtzukommen. Auch ein Gewohnheitstier wie ich. Züchtet sich neue Gewohnheiten und Rituale, um selbst nicht verloren zu gehen...

Und jetzt kommen so die Sentimentalitäten hoch. Schön wars, aber anstrengend, aufregend, aber auch manchmal ziemlich langwierig… Hatten wir eine Durchhalteparole? Ich weiß nicht – ich pfeife gern, wenn ich nicht ganz genau weiter weiß. Weißt du?

Eine passende Aussage zum Schluss wäre: Gut, dass wirs gemacht haben. Vielleicht auch: Daheim sein ist schön, und doch kaum auszuhalten. Ich mache es daher in Hinkunft wie die von mir viel bewunderte Ms. Holiday Golightly, auf deren Visitenkarten von Tifany mangels eines „festen“ Wohnsitzes im einfachen wie im übertragenen Sinn, eben einfach keiner verzeichnet ist.

Eva Pichler
auf Reisen


Übrigens: Das zugehörige Foto stammt von unserer amerikanischen Abschiedszelebration in einem einschlägigen Lokal und die Idee von meiner Schwester, die bei einem meiner Anrufe zu Hause vermeldete: Mc Donalds macht übrigens dasselbe wie ihr, nur mir Pommes.
Wir wollen also hier festhalten: Österreich besteht außen aus frittierten Kartoffeln und die Welt ist eine Scheibe.




Zweites Übrigens: Gerhard ist gewissermaßen wieder an der TU gestrandet und hadert mit seinem Schicksal. Sobald er aber Zeit neben Diplomarbeit und Eichholzers Ehren erübrigen kann, erscheint hier wieder ein Post

Übrigens Punkt.

Sonntag, 21. Oktober 2007

zurück aber noch nicht aus

zweintopf ist zurück, aber die Berichterstattung noch nicht am Ende
Die letzten Tage wurden mit der Vorbereitung eines Vortrages für das Forum Stadparkes genutzt und so kam der Rest naturgemäß zu kurz.

Freitag, 12. Oktober 2007

Nihilismus ist eine Glaubensfrage


Die halbe Nacht schlagen wir uns die Pölster um die Köpfe, aber der Schlaf will nicht kommen, nicht seinen Mann mit dem Sack voller Träume vorbeischicken.
Na gut, denken wir, dieses verdammte Pepsi Probekosten – nehmen unsere letzte Hoheitsflagge und wandern los, um dem Birthplace noch einen zusätzlichen Grund zur Betrachtung zu verpassen.
Während Eva sich mit der Montage der Fahne abmüht, baue ich mir vor der Straßenlaterne aus dem gekauften Lego ein Fort. Militär die Zweite, sozusagen.

Das Lego in den Händen lässt Erinnerungsfetzen aufsteigen. Eine Holzkiste, von meinem Opa gefertigt, den wir alle Vater nannten. Der Geruch von Ölfarbe. Bunte Steine, die immer zuwenig waren. Stunden voll des Bauens und Fantasierens. Retten von Piraten aus den Händen der Kolonialen. Ein Zimmer als Meer voller Haie. Ein Stiegenhaus als Tiefseehafen. Eine Schwester, die beim Bauen lästig, aber beim Spielen unabdingbar war. Nervige erzwungene Pausen durch Nahrungsaufnahme. Legowettbewerbe, bei denen immer die anderen gewannen. Vor lauter Aufregung beim über die Straße laufen mit dem Lego in der Hand sich von einem Auto fast in den Tod führen lassen. Mit dreizehn leugnen, jemals damit gespielt zu haben und es in den Keller räumen. Als Student es wieder aus dem stickigen Keller heben, um damit Modelle zu bauen. Mit Lego in der Hand die Erinnerungen anzapfen.



Nihilismus in seiner reinsten Form

Nach einer halben Stunde ein paar Nadelstichen und einem Spagat hält die Flagge auf der Markise. Danach steht noch die Taufe des Forts an. Wenn ich dabei uns so betrachte und die freakigen Legofiguren, dann scheint der Name im nachhinein Fort Nihil (Nihilismus) nicht ganz unpassend gewählt.
Erschreckend beugt sich der Glatzkopf mit Beule über den Ausguck und scheint zu sagen: „Mir ist verdammt noch mal alles scheißegal(und das immer), schau nur einmal dumm (oder auch nur mich an) und ich pump dich mit Plastik voll.“ Nicht minder nihilistisch blicken die anderen Figuren.
Ich sage ja schon immer, jemanden der einen Dauergrinser im Gesicht trägt, dem sollte man nicht vertrauen. Zuerst tun sie großartig freundlich und dann warten sie nicht mal bis man sich umgedreht hat, um einen das „Hackl“ in den Körper zu treiben.



Aber wir merken, genau solche Kerle brauchen wir hier für diesen Job – grundsätzlich philanthropisch, aber nur zu Misanthropen. So lässt sichs leben.

Die Arbeit der Nacht bringt uns am frühen Morgen schließlich doch noch den ersehnten Schlaf.

Heute Mittag suchen wir den Tatort erneut auf und zu unserer Überraschung sind Fahne und Fort noch an ihrem Platz.
Wie schon vermutet, die Amerikaner haben sich mit dem zweintopfschen
Imperialismus abgefunden. Schweigend und mit Haltung nehmen sie ihre Niederlage zur Kenntnis. Hätte diese Welt nun auch diese Macht überstanden - dankend nehmen wir unsere zur Kenntnis.

Donnerstag, 11. Oktober 2007

Grundsatzfragen auf Amerikanisch

“Lieber Britney Spears oder Christina Aguilera?” Wenn ich schon unbedingt wählen muss, dann natürlich Christina – sind wir uns ehrlich – Britney hat sich ihr Popprinzessinnenimage ja selbst ruiniert…

Wie ich jetzt darauf komme? Ganz einfach, das ist eine amerikanische Grundsatzfrage… Das ist so ähnlich wie „Republikaner oder Demokraten“ oder eben wie „Coca Cola oder Pepsi“… jene Einstellung, die auf den ersten Blick alles über einen aussagt oder so ähnlich…


Wirds mal wieder fad auf der Fahrt, muss die Straße dran glauben.


Und solchen kulturtechnischen Eigenheiten gilt es auf den Grund zu gehen, was der einfache Grund ist, warum wir ausgerechnet hier Station machen (behaupte ich zumindest).

Wir sind in New Bern und New Bern wurde, wie der Name eindeutig verrät, natürlich von den Schweizern gegründet, welche sich in ihrer Namensgebung ähnlich unkreativ erweisen, wie zweintopf (was jetzt aber nicht heißt, dass wir irgendwie was mit der Schweiz an Hut hätten) bzw. ähnlich nationalistisch…

Aber egal. New Bern hat weit wichtigere Wurzeln aufzuweisen, als feiste Berner Sennenhunde, nämlich die von Pepsi und Pepsi ist ein, wenn nicht das amerikanische Statussymbol (um den ewigen Konkurrenten Coca Cola mal für einen Moment auszublenden) Hier in New Bern hat nämlich ein findiger Apotheker einen Trank kredenzt, dessen Wirkung sowohl delicious als auch healthful in aiding digestion and boosting energy (ob es sich da wohl um das gleiche Rezept handelt, wie beim heutigen, laut unseren Eltern äußerst „schädlichen“, zuckertriefenden Gebräu?). Der Name des Apothekers ist Caleb Bradham und sein Getränk nannte er zuerst ganz simpel „Brad’s Drink“, was aber wohl auf lange Sicht marketingtechnisch zu wenig hergab. Er schenkte alles noch selbstpersönlich aus und hatte in seiner obercoolen Apotheke auch eine Jukebox stehen, sodass man dort angeblich so richtig socialisen konnte. Als er vom persönlichen Cola-Servieren berühmt genug geworden war, eröffnete er seine erste kleine Getränkefabrik im Keller seiner Apotheke. (Anmerkung in eigener Sache: Die wirklich guten Projekte beginnen alle im Keller – später, wenn man die Millionen scheffelt, liegt man dann am Pool vor der Villa bzw. um den heutigen Idealen gerecht zu werden am Biobadeteich der eigenen mindestens 100 Morgen großen Organic Farm und isst selbstproduziertes Bioobst – aber davon später mal mehr, das ist jetzt nicht der richtige Ort..)

Ab 1902 gings dann so richtig los mit der Massenverbreitung und der Massenproduktion usw. Und wie es so schön heißt: The rest is history…

Schreibt zweintopf auch history? Naja, unsere Nachfahren haben wir bis jetzt noch nicht mit Swimmingpools und einem stattlichen „Grundkapital“ gesegnet, aber was nicht ist kann ja noch werden – so heißt es doch auch so schön.

Aus der schönen Pepsi-Apotheke aus der Geschichte ist ein grausiger Pepsi-Fan-und-Goodieshop geworden – eben so tief(gründig) und schön nutzlos- kitschig, wie wir das für unseren Österreich-Plunder auch immer versuchen wollten. Und, wie könnte es anders sein: Die hier Eingeborenen stehen drauf und decken sich mit Pepsi- Handtüchern, Shirts, Table Wear, Lamps und Kitchen Items ein. Auch ich kann dem Abglanz des Ruhmes und Erfolges kaum widerstehen und erwerbe an diesem Ort ein Paar „Pepsi Earrings“ – sehr schick baumeln sie nun in den Logofarben blau, rot und weiß von meinen Ohren. Eine bleibende Erinnerung an diesen heiligen Boden und angeblich aus echtem Sterling-Silber. Gerhard hat sich furchtbar aufgeregt über diese Geldverschwendung, war aber sofort ruhig, als ich ihm den Kauf einer Pepsi-Boxershort angedroht habe. So ein eitler Pinkel – ich meine für unten drunter…


Wir verlassen diesen mystischen Ort amerikanischer Helden- und Markenverehrung und stolpern quasi von einem nationalen Kulturbanalismus zum nächsten: Direkt vor dem Ursprung des Amerikanischen hier in New Bern entdecken wir nämlich eine kleine Überraschung, die uns kulturimperialistisch aufjauchzen lässt. Im Gras liegt das Überbleibsel des wichtigsten österreichischen Kulturexports in Richtung Good Old America, nach zweintopf und Schwarzenegger natürlich. Lieber Didi in Salzburg, wir huldigen dir hier auf dem Rasen von New Bern/North Carolina. Du hast deine Sache gut gemacht und die Amis mit ihren eigenen Waffen, den Dosen, geschlagen. Also, lass die Bullen fliegen, lonesome Cowboy…


Eva und ein Abbild von Didi


Montag, 8. Oktober 2007

Keine Dorfkapelle in Sparta

die Literatur in Pensacola, vielseitige Einseitigkeit

Einmal pro Reise reißt es ja jeden nieder, körperlich gesehen und so wie das kommen musste, lag dann ich dar nieder, zwei Tage mit Schmerzen von oben bis unten. Sprich mit Kopfweh, hinten und vorne und Gliederschmerzen an allen Seiten.

Schuld war wohl der raue Atlantikwind, der stahlgeschwängert von den Kriegschiffen dort drüben vor der Bucht von Pensacola auf uns rüber wehte.

Jetzt musste die Eva dran glauben und mir Tee ans Bett reichen, den ich wild schlürfend in Gesundungshoffnung in mich spülte.

Zwei Tage später, also vorgestern war es mir dann wieder erlaubt, das Bettliche zu verlassen, damit wir uns auf die Weiterreise vorbereiten konnten.

Nie die Hoffnung aufgebend, hat die Eva, wie auch schon die restliche Zeit unserer Reise, die Bürgermeister der von uns demnächst besuchten Orte immer mit einer Mail vorgewarnt und sie über unsere Zielen aufgeklärt (von wegen Eroberung und so..)

Mittlerweile ignoranzerprobt, bedarf es bei uns schon einer positiven Nachricht, um Erschütterung auszulösen.

So trudelte doch glatt vor drei Tagen eine Nachricht aus Sparta (Georgia, USA) bei uns ein, dessen Mayor wirklich Verständnis für unser Anliegen hat und sich ein Treffen wünscht, um Verhandlungen aufzunehmen.


Gibt es Schöneres als Gesundungstee (Kräuter unbekannt) und die Aussicht auf legale Landnahme. Bei so voller Freude suchten die Schmerzen das Weite und wir unser Gepäck zusammen, um Pensacola ein absolutistisches Ade unsererseits zu gönnen.

Weg vom Gegenwartskrieg führte uns die Fahrt durch Evergreen, Greenville, Peachtree Ciy, Forrestpark und Greensboro nach Sparta, das ja auch kein Lercherl in Sachen Kriegen war.



Aber heute kommt zweinopf in Frieden und um Frieden zu bringen.

Schon bei der Ankunft wurden wir aufmerksam begrüßt, der Mayor hatte extra seinen Sekretär geschickt, der sich entschuldigte nicht gleich mit der Dorfkapelle gekommen zu sein. Das sahen wir dann weniger als Problem, freuten uns aber sehr über die Einladung im dörflichen Hotel auf Kosten der Stadt zu übernachten.



Da es aber hier kein Hotel gab, wurden wir in ein ländlich anmutendes B&B verfrachtet, was aber nicht ungelegener als ein grausliches Citymotel kam und so wurde seit Wochen nicht ganz ungelegen wieder einmal außerhalb Amandas genächtigt.


Gestern war es dann so weit. Der Bürgermeister nahm uns in Empfang, sang uns ein Lied über Kleinstädte, zu wenig Kultur, Abwanderung etc.– wir meinten, das kenne man ja, überall das gleiche Problem – auch bei uns.

Aber das Klagelied war nicht sein einziges Geschenk.

Nicht ganz uninteressiert an der Kunst, schließlich durfte er sich auch mal daran versuchen und schaffte es sogar auf ein Gastjahr an die Wiener Angewandte, um dort unter Attersee ein paar Striche zu führen, zeigte uns gleich den für uns vorgesehenen Platz für die Zeremonie der Landnahme. Für ihn sei es nun vorbei mit der Kunst, die Bilder ließen sich nicht verkaufen (für das Land zu modern und für die Stadt zu wenig avantgardistisch, wie er meinte) und so versuchte er lieber sein Geschick in der Politik. Nicht ganz unerfolgreich, wie er stolz betonte – und mehr Geld sei schließlich auch dabei rausgekommen. Eine nicht zu unterschätzende Tatsache, wenn zu Hause die Frau mit zwei Kindern auf das Essen wartet.


Am Nachmittag beginnt die Zeremonie, zu der ganze 4 Leute aufgetaucht sind. Ich denke mir, nicht schlecht, in Graz wären es bestimmt weniger gewesen. Wir schütteln dem Mayor (sein Name ist übrigen John T. White) die Hand, lassen uns von der Regionalpresse fotografieren, schütteln weiter ein paar weitere Hände und vorbei ist der offizielle Spuck. Zum Höhepunkt zeigt man uns die bisher (nun wird es wohl „zweintopf territory“ werden) beliebteste Attraktion hier, die Ogeechee River Mill.


Der Nachmittag wird ordentlich begossen, wenn auch nur mit dem Bürgermeister und seiner Frau. Wir denken, zum Glück hat er nicht weiter gemacht mit seiner Kunst, denn sonst hätte seine Frau vielleicht wirklich nicht all die Köstlichkeiten zubereiten können, mit denen wir schließlich bewirtet wurden. Dann der Abschied, der zwar nicht nostalgisch ablief, aber dafür mit der Dankbarkeit sich gegenseitig geholfen zu haben. Der Bürgermeister bekommt die Presse und wir haben einen Vertrag über ein Stück Land.


mayor john t. white and zweintopfs pichler gerhard


Jetzt reißt es uns schon wieder weiter auf unserer Reise, der 20. ist nicht mehr weit und es warten doch noch 850 Meilen auf uns.


Mittwoch, 3. Oktober 2007

Vor dem Ort



Zwei Tage lang streifen wir durch College Station und sehen nur Einfamilienhäuser, sechzigtausend Einwohner verteilt auf dreißigtausend Häuser. Eine gestaltete Langweiligkeit reiht sich neben die nächste.
Ich habe mir den Arsch der Welt schon schrecklich vorgestellt, aber hier scheint man wohl schon drin gelandet zu sein.
Einzig wunderbare Begegnung waren zwei Kinder, Bub und Mädchen, die vor einem der weißen Häuschen, auf 2 cm gemähten englischen Rasen ein paar weiße Tische ausgebreitet hatten um ihre Spielsachen feil zu bieten. Daneben hatte noch ein Nachbarsjunge einen Orangensaftstand.
Traurig geben wir zu Protokoll: Am 1.Oktober, 14h mittags hatten wir den urbansten Moment in dieser „Stadt“.

Eva, ganz flohmarkterfahren, durchforstet die kindlichen Schätze der beiden und gemeinsam heben wir eine Kiste Lego und einen Sack voller Plastikmilitärfiguren (die gibts die immer noch, damit hatte auch ich meine Jugend militarisiert) aus einem Meer von Plastik- und Plüschgrausamkeiten.
Der Orangensaftstand bringt mich dabei gedanklich in meine frühen Kinderjahre zurück, als wir selbst, mein Cousin meine Schwester und ich ganz geschäftstüchtig versuchten Saft an die Mitbürgerschaft zu bringen. Dem Kapitalismus nicht abgeneigt lernten wir bald schnell seine negativen Seiten, den unerhörten Konkurrenzdruck und den andauernden Wettbewerb zu spüren.
Meist standen wir tagelang im Freien ohne auch nur ein verdammtes Glas zu verkaufen, meist nur unterbrochen vom eigenen aufs Klo rennen, weil vor lauter Langeweile schon wieder ein Krug Saft ausgetrunken wurde.
Aber eines Tages leuchtete auch uns das Glück den Weg, der Nachbar wechselte sein Dach aus und die Bauarbeiter, sowieso eher Männer der durstigeren Sorte, kamen oft mitleidsvoll zu uns, um zusätzlich zu ihrem Bier auch noch einen Saft zu trinken.
Nach einem Monat schon hatten wir es schließlich satt mit der Getränkebereitstellung und wechselten die Branche, bauten einen Garten an, um das Gemüse zu verkaufen. – aber wie sollte es anders kommen, auch dies blieb ein erfolgloses Unterfangen.

Diesen Kindern sollte diese Erfahrung erspart bleiben und wir kaufen ihnen Saft und das andere Zeugs ab.

Gestern kam dann die Überraschung, denn die gekauften Soldaten werden uns gleich einen guten Dienst erweisen, immerhin wird unser nächstes Ziel Pensacola sein. Ich dachte ja immer das sei nur eine dämliche amerikanische Sendung zur Verherrlichung der eigenen Schlagkraft. Aber nein, es ist ein wirklicher Ort zur Verherrlichung ihrer militärischen Schlagkraft.




Einen ganzen Tag Fahrt bringen wenig Abwechslung. Wir haben erfahren, dass wir am 23.Oktober einen Vortrag im Forum Stadtpark halten sollten, „worüber eigentlich?“, denken wir uns. Aber es kommt uns gelegen, da unser Flug zurück am zwanzigsten stattfindet.
So zum Ende hin fehlt uns langsam die Motivation zum Vorwärtskommen, obwohl die noch zurückzulegende Strecke nicht so unwesentlich ist. Was auf der Karte wie ein Katzensprung, ja sogar nur wie ein Mäuseschritt aussieht, ist meist stundenlanges Sitzen in Amanda.
Die freiwilligen Nomaden wünschen sich wieder ein Haus aus festem Stein, eines das nicht gleich auf ein Auto gepackt werden kann, um damit durch die halbe Welt zu fahren.

Echte Flexibilität und Freiheit besteht nur, wenn die Dinge zu mir kommen. Ich scheiße auf meine.

Heute Morgen haben wir dann die „zweintopf military base“ gegründet. Sie wissen ja was heutzutage alles für ein Gesindel dort draußen so herumläuft und das noch direkt vor der eigenen Haustüre, wo man doch solange gespart hat, bis man sich eine leisten konnte.

So läufts bei uns jedenfalls nicht.











Schmunzelnd muss ich dabei an eine Geburtstagsfeier bei Evas Onkel denken, bei der geladenen Gäste aus Australien uns zu ihnen laden wollten und dies mit den Worten (mit englischen Akzent), „wir leben auf eine kleinen Halbinsel vor Sydney und dort leben alles nur rich people – also (im deutschen Sinne) alles good people.“
Na dann.

Montag, 1. Oktober 2007

Dumm ist der, der Dummes tut

with tears in our eyes we had to left zweintopf territory




Nach dem, die Tage, die nur uns galten, vorüber waren, machten wir uns wassergetränkten Auges auf - um den Rest der Reise hinter uns zu bringen.
Der Traum vom eigenen Staat war vorübergehend ausgeträumt - schließlich gehen nicht viele freiwillig ins Exil.
ein kleines i, unterwegs erfrischt die lange Fahrt

Sechs Stunden trennen uns nun von unserem Traum. Die Fahrt bringt die Baumasse und auch den Menschen wieder zurück, und eine halbe Stunde bevor wir in die Provinzhauptstadt Station College einfahren, brechen die Einfamilienhaussiedlungen über uns herein.
Die Freiheitsbekundung von Millionen Menschen, die ihren Horizont auf 1000m² einschränkt haben - und glauben dort wirklich leben zu können.


Wenn wir jetzt durch Texas fahren, würde das in Österreich einer Strecke durch Kärnten gleichen - und da sich rechts und rechtens gerne paaren, muss ich bei der Durchquerung oft an meine Verwandten (nicht meine Eltern, sondern deren Anverwandten) in Kärnten denken, die mir bei jedem Besuch, den Alltagsrassismus, jedes Mal mit neuer gekonnter Alltäglichkeit servieren.


Dummheit wird dort schnell mit Ausländern gleich gesetzt - wo doch dort die meiste Dummheit herrscht. Mit der Überheblichkeit und Überzeugung nie endender Intelligenz, die meist bei den Allerdümmsten im Paar, auftreten wollen sie meine linken Überzeugungen vernichten.

Vor drei Monaten, als mein letzter Besuch in Kärnten währte, wurde
einer Cousine die „ausländische“ Euromünzen sammelt, zuerst durch die Kellnerin des Lokales (hier gebe es keine Ausländer, also auch keine derartige Münzen), dann durch den Versuch andere Menschen in der Umgebung zu befragen, von ihrem Freund mit den Worten (stinkt es hier bei jemanden aus der Taschen nach Knoblauch?), zur Aufgabe des Unterfangens gebracht.
Oft stehe ich bei diesen Aussagen hilflos daneben und habe ein Böll’sches Zähneziehen (die irischen Tagebücher) mit den Jahren schon aufgegeben. Nicht, dass ich es nicht versucht hätte, aber zum fünften Mal mit den gleichen Personen über die gleichen Thematiken zu streiten und beim nächsten Mal wieder bei Null zu beginnen, dafür war mir mit der Zeit, meine zu Schade.
Stolz verkündete man mir beim letzten Besuch, von der Fertigstellung des Wörtherseestadions in Klagefurt (des hot der Haida gebaut) - natürlich erwidere ich, nachdem seine Regierung nicht mal imstande war, das Projekt ordentlich auszuschreiben. (Jetzt kumt da Koralmtunnel, den hot der Haider gebracht. Komisch denke ich mir in der Steiermark war es der Voves - ein Loch hat immer zwei Seiten).
Da Haider hot Kärnten reich gmocht mit dem Verkauf der Hypo. War auch dringend nötig, um den bisherigen Schuldenberg ein wenig einzudämmen.
Egal über den Haider kummt nix drüber, und die Freistaatserklärung wird überall begrüßt. Aber wie sagt man in Kärnten so schön: „Wer zbled is, den muas ma ja° ausnutzen.“

Selbst die Texaner werden sich über den Haider freuen, schließlich haben wir seinem Besuch bei Saddam Hussein eine Postkarte gewidmet und werden sie in den nächsten Tagen hier verteilen.

Haidersche Grüße aus Kärnten, im zweintopf Design


Mittwoch, 26. September 2007

I lost my last shirt, am I now free as a bird?

Clairemont Jail

Die letzten Tage verbringen wir im und um das Gefängnis von Clairemont. Liegen Stunden auf dem Dach, lassen uns die Birne braten und reden danach nur noch Blödsinn. Ich bin ja kein Birnenbrater, aber einmal im Leben sollte es ausprobiert werden – dort oben im braunen Ausguckposten gegen die staubbraune Umgebung.
Jede Reise hat seinen unbestrittenen Höhepunkt, während wir uns bis jetzt einig waren, er wäre noch nicht eingetreten, so waren wir uns nun sicher.
Zur richtigen Zeit eigentlich.
Wäre er zu früh gekommen, wie vielleicht bei unserer Bulgarienreise, wo wir ihn schon nach dem Dritten Tag in Melnik begrüßten und der anschließende Weg, oft nur eine Sehnsuchtsbekundung nach dem stillen Bergdörfchen in den Rhodopen war, waren wir nun überzeugt diesen Höhepunkt genau zur einzig richtigen Zeit geschenkt bekommen zu haben.

Die nun seit über zwei Monaten dauernde, oft nicht befriedigende Reise neigte sich dem Ende hin und so blieben uns noch ein paar Tage der Reflexion.

Die größte Freiheit sozusagen, dort oben auf dem Gefängnis von Clairemont.
Nie noch war uns ein so unendlich weiter und roter Horizont beschieden gewesen. Dort wo die Natur unendlich wird, dort kamen wir ein Stück in uns hinein. Diese Weite erst, macht einen so klein - nicht wie die Enge der Stadt die Lust auf Größe kultiviert, ja einen einredet Größe besitzen zu müssen – nein so klein, das es erst möglich wird sich selbst zu fassen.
Dort wo das nichts alles wird kommt der Überblick.

Menschen gab es dort keine, dafür hatten wir uns Tage zuvor ausreichend einer gaffenden Masse ausgesetzt. Der Giftshop der nichts enthielt (außer uns) war beliebter, als ein Playboy im Rekrutenzimmer. Da kann sich das Künstlerhaus hinten anstellen, die mit ihren 3 Besuchern pro Tag.
Hier im ewigen Sand sind wir also nicht in der Kulturwüste gelandet.

Aber jetzt ist genug, an Menschen, an Gafferei, an Kulturbotschafterei - jetzt haben wir unseren eigenen Staat gegründet: Zweintopf Terretory.

In diesen Tagen verlassen wir unseren Horst nur einmal, um Lebensmittel einzukaufen. Ein paar Kilometer entfernt, dort wo sich das Rötliche ein wenig ins Gelblich zu verfärben beginnt, dort schallt die Ballerei. Ist ja kaum zu Trauen seinen Augen, was die einem da auf die Linse zaubern – stehen da doch wirklich unzählige Jugendliche in der Gegend rum und ballern dort auf Ziele und Dosen in der landschaftlichen Ferne – gerade so als ob sie einen ordentlichen Knall hätten.
Das sei normal hier in Amerika, bot uns ein Mädchen zur Beruhigung an, schließlich sei es nach der Schule ziemlich fad hier und in der Schule auch nicht besser.
Der akustischen Umweltzerstörung einladender Weise beizuwohnen, wissen wir zum Glück wortkarg abzuwehren.





Im nächsten Ort kaufen wir eine Zeitung, in der uns die ziemlich reißerische Überschrift entgegen springt (aber nur grafisch mag sie uns beeindrucken, denn an richtige Schlagzeilen ist man in einem Kronen Zeitung- Land schließlich gewöhnt). „The Devil himself in New York“, darunter ein Bild mit dem lachenden iranischen Präsidenten.
Auf die Aussage: „Im Iran leben die freiesten Menschen der Welt“ müssen wir schon ein wenig schmunzeln – „So ein Unwissender“, meint Eva – die freiesten Menschen leben wohl in Zweintopf Territory.

Ich lege mich mit Thomas Bernhard und „Auslöschung“ vor das Gefängnis und denke mir, wie wohl er über all das richten würde –

Eine Natur wie keine Zweite und so an dieser Natur desinteressierte Menschen. Nicht nur nicht interessierte Menschen sondern dieser wunderbaren Natur absolut niederträchtig gegenüber Eingestellte. Und wie sie diese Natur hassen so versuchen sie sich zu lieben, wo doch eigentlich nur Hass angebracht wäre und dieser Natur doch so viel mehr Liebe entgegengebracht werden müsste.

Wohl so irgendwie.

Sonntag, 23. September 2007

Right from the “Sound of Music Land”…

Wir sind unterwegs erstens nach Clairemont/Texas und zweitens zur Verwirklichung unserer ersten österreichischen „Roadside Attraction“. Als ich mich im Internet über den Ort schlaumachen will, ist das erste, was ich finde fast bezeichnend: Das Clairemont Jail, also ein altes Gefängnis, heute Ruine, um die sich viele Mythen ranken.
Ja, was verbindet man mit Texas? George W. Bush. Und mit Bush? Todesstrafe und Gefängnisse. Also eh logisch.

Zuvor haben wir noch eine Nacht in Santa Rosa, „Jewel of New Mexico“ verbracht uns aber tags darauf gleich fürs weiterfahren entschieden, da wir uns sportlicherseits ohnehin wenig bis gar nicht für fishing, surfing, boating und scupa diving interessieren. Wir machen hier schließlich keinen Wassersport-Urlaub Marke Neusiedlersee. Also nichts wie weiter.

Clairemont in Texas zeichnet sich nicht nur durch seine klischeeerfüllenden Bauwerke, sondern vielmehr durch sein …


Landscape around Clairemont

Da im Internetcafe von Santa Rosa so absolut viel los war, habe ich meine Recherchen und Erledigungen auf ein Minimum reduziert: heißt also: neuen Text posten, emails checken und eben kurz den nächsten Ort abrufen – mal schauen, was einen erwartet. Hätte ich mich länger damit auseinandergesetzt, wäre ich bestimmt draufgekommen… so war es eine Überraschung! Vor allem auch weil wir für dieses Gebiet keinen genauen Reiseführer mithatten…Wir sind aber bewusst Richtung Clairemont gefahren und nicht ins nahe Beaumont, denn dort hätte unsere Aktion möglicherweise mächtige Konkurrenz gehabt vom ortsansässigen „Worlds Largest Fire Hydrant“, der dort zwar schon seit Jahren herumsteht, sich aber sicherlich größerer Beliebtheit erfreut und mehr Besucherzahlen bringt, als bei uns jedes zweite Museum. Außerdem haben sie noch einen really large „Muffler-Man“. Was das ist, da kommt man sowieso nie drauf, wenn man ihn nicht vor sich sieht, den guten alten „Muffler-Man“: nämlich einfach ein Typ, der einen Auspuff in Händen hält, der ihm eben diesen Namen gibt. Wahnsinnig spektakulär also, aber die Amerikaner sind ein so kunstsinniges Volk und verlieren dabei nie den Sinn fürs Wesentliche. Wie eben den Auspuff, denke ich.

Aber genug mit Beaumont. Unser gegenwärtiger Aufenthaltsort ist wie gesagt Clairemont.
Clairemont war auf unserer Amerika-Straßenkarte eingezeichnet und aus dem Grund haben wir es, mit einer überschlagsmäßig berechneten Distanz von Santa Rosa aus eben zu unserem nächsten Ziel und Stützpunkt erklärt. Und zum Ort der Verwirklichung der ersten Roadside-Attraction.

Wir waren so was von ahnungslos…
Clairemont ist nämlich eine ghost town...Das heißt auf Deutsch gesagt: Just houses, no people.Sehr seltsam. Alles wurde hier verlassen… kurzzeitig überlegen wir, unsere Aktion abzublasen, bzw. vielleicht eine österreichische Kolonie zu errichten, immerhin sind hier Häuser, die niemand mehr will, aber dann installieren wir doch vor einer ehemaligen Autowerkstatt und dazugehörigem, verrosteten alten Auto unseren ersten zweintopf’schen Souvenirladen der anderen Art.

Dazu schlüpfe ich in ein altes Dirndl, Marke wie zu Haus, Gerhard rüstet sich mit Karohemd und Filzwanderhut aus. Und schon schauen wir aus, als hätten wie die Nacht feuchtfröhlich durchgemacht und kämen direkt vom Bauernbundball in Graz. In diesem Aufzug wollen wir heute posieren. Wie versprochen, direkt „On the Roadside“ and especially for the American people. Alpenkitsch zum Angreifen eben. Die Försterliesl lässt grüßen, auch mitten im vegetationsarmen Steinwüstengebiet, oder wie auch immer man das geologisch bezeichnen darf..





Unser erster Souvenirshop und das einzige Souvenir sind wir. Der Titel der Aktion könnte gut auch: „Zwei „Alpinos“ unterwegs in der Geisterstadt“ lauten. Immerhin haben wir uns sogar einen eigenen Wegweiser gebastelt, der auf der Straße bereits auf uns hinweist.

„View tradional Austrian people – right from the Sound of Music-Land“
Wie unser Auftritt angekommen ist, folgt im nächsten Bericht. Wir haben jedenfalls gleich entschieden, in der Ghosttown noch nicht so schnell das Weite zu suchen, sondern hier unbedingt noch etwas auf die Beine zu stellen. Vielleicht spielen wir Ghostbusters?

Freitag, 21. September 2007

Ich seh etwas was du nicht siehst und das ist Braun


Amanda macht vieles leichter und alles schöner. Wir haben uns ihren Bauch gemütlich mit Matratzen eingerichtet. Um jedes billige Motel können wir jetzt einen weiten Bogen machen. Dann suchen wir uns einen einsamen Platz im irgendwo und haben unsere Ruhe – vor stöhnenden, schnarchenden oder was auch immer Zimmernachbarn, krabbeligen Mitbewohnern, die das Motel seit Jahren zu ihrem Hauptwohnsitz gemacht haben und nicht zuletzt vor der Schmuddeligkeit, die dem ganzen Ambiente meist anhaftet. Das alles tauschten wir mit Amanda gegen lauschige Schlafplätze mit Grillengezirpe oder Vogelgezwitscher, live Sonnenaufgänge, als wäre das Schauspiel nur für uns und das mit dem Luxus einer Tasse dampfenden Kaffees in Händen (Ich glaube, ich habe noch nicht erwähnt, dass Amanda eine Kaffeemaschine besitzt, die gute) Auch wenn es banal klingt, aber so fängt der Tag viel angenehmer an.

So eben wie man sich die Freiheit des „On the Road“-Seins vorstellt.


Eva beim "Verschönern" von Amanda

Na jedenfalls hat uns unsere gute Amanda bis Bloomfield gebracht und das liegt bereits in New Mexico. Landschaftlich ist hier alles eher wüstlich bis ganz trocken mit wenig grün, viel braun-in-braun in allen Schattierungen und noch mehr rot (je nach Sonnenstand).

Eignet sich vorzüglich für das Spiel: „Ich sehe was, was du nicht siehst und das ist braun.“, worauf dann meist die Frage kommt:

„Wie braun? Milchkaffeebraun, sandbraun, dunkelbraun, olivbraun, sonnenverbranntbraun, braunwieunserküchentisch?“

Kiefernholzdasgeradeimofenliegtbraun.

Das Spiel eignet sich perfekt für das Endlose Weite, das da, durchzogen einzig von der dunklen Straße, meist vor uns liegt.

Trotz des die ganze Zeit im Auto Sitzens haben die Sommersprossen Stirn und Oberlippe zu bevölkern begonnen.

Braun gefleckt.

Und übrigens: Ich bin ganz enttäuscht, dass ich für diese Gegend gar keine Roadside-Atrractions ausmachen konnte und war dermaßen frustriert, vor allem auch weil dann die kulturpolitische Bildung dieses Trips meiner Meinung nach so was von abdriftet.

Auch die kulturelle Ausrichtung dieser kolumnenhaften Äußerung geht damit eher ins Banale flöten.

Also muss Abhilfe geschaffen werden. Gerhard hat mir versprochen, dass wir in der nächsten Stadt damit beginnen werden, selbst irgendwelche „Attractions“ zu schaffen. Juhu! Es lebe der Aktionismus!


Bis dahin sich dem Wüstenkaff-Kleinstadtcharme hingebend, sitze ich im lokalen Starbucks- „Pseudo-Kaffeehaus“ und studiere sämtliche, beinahe kulturlosen Regionalboulevardblätter, bis sogar mein braves Schulenglisch genug hat von der seichten Unterhaltung und so widme ich mich wieder Paul Auster. Ein Herr übrigens, der sich hervorragend eignet, um einen durch Amerika zu begleiten. Nebenbei halte ich nach Amanda Ausschau, die mit Gerhard zum Tanken und Lebensmittel-Aufstocken gefahren ist. Wir wollen nämlich noch gemeinsam an unserer Roadside-Perfomance tüfteln…

Donnerstag, 20. September 2007

Linsenstoppel mit USB Anschluss

Landschaft um Delta

Als der Buick starb ging auch ein Teil von uns verloren, damit meine ich vor allem das USB Kabel und meine Toilettetasche. In der Eile des Abschleppdienstes blieben diese Dinge einfach in Fred liegen.

Nicht das es ein Problem wäre in Amerika diese Dinge wiederzubekommen, mit Geld lässt sich schließlich alles regeln. Dies aber, bringt mich in meiner Erinnerung zurück auf meine Maturareise - nach Kreta.

Nach einer Woche dem Clubleben abgeneigt, jeden Tag trinken bis zum umfallen, dann aufstehen und wieder das Gleiche von vorne, fanden einige Leute schon ziemlich fad - wir waren, ich glaube zu fünft. Darauf beschloss man sich mit Motorrädern zu versorgen, in meinem Fall war es nach einem kleinen Missgeschick bei der Ausleihe nur noch ein Moped.

Wer konnte denn wissen, dass eine unter Vollgas gestartete Maschine sich und seinen Fahrer gleich in das gegenüberliegende Auto parken würde. Schließlich hatte man vorher nur acht Fahrstunden absolviert.

Angesichts des Missgeschicks bezweifelte der Verleiher die Gültigkeit des Führerscheines und war nur noch bereit besagtes Moped zur Verfügung zu stellen.

Bevor es aber zu diesem Unfall kam, konnte ich den Linsenstoppel nicht mehr finden. So ein kleines verfluchtes Plastikding, das Unmengen kostet und meine einzige Möglichkeit darstellt, mich von plagenden (aber auch Schärfe) spendenden Kontaktlinsen zu trennen.

Vielleicht nahm ihn die Putzfrau mit, nachdem wir sie vier Tage nicht in unser Zimmer gelassen hatten. Sieht mit gesunden Augen ja aus wie ein Stück Müll. Aber egal, es war nicht mehr da und die Mopeds eine gute Gelegenheit, um in der Stadt einen neuen zu besorgen.

Nur statt einen Neuen zu bekommen, versuchten ungefähr zwanzig Optiker mir beizubringen die Dinger ohne Stoppel, also mit den Händen, aus den Augen zu klopfen. Ohne Erfolg.

Die ersten zwei Tage waren noch halbwegs erträglich, nach dem aufstehen sah ich zwar Stunden verschwommen und meine Augenlieder schabten auf dem Apfel, aber nach Stunden der Qual siegten die Tränen über den Schmerz. Tag drei und vier waren da schon ein wenig anstrengender. Zum Reiben und verschwommenen Sehen kam auch noch übertriebenen Empfindlichkeit gegen das Licht. Da auch noch der Helm ziemlich zerkratzt war, wurde die Fahrt mehr eine Reise durch das Schattenreich. Die Umrisse waren oft bloß nur noch monochrome Flächen.

Im Nachhinein, bleibt nur der Unglaube diese Reise überlebt zu haben.

Zurückgekommen im Hotel kam der Reisebegleiter, der sich meinem Problem annahm und zum Glück eine Frau hatte, die gleich „Schaßaugat“ durch die Welt wandelt und einen kleinen Linsenstoppelvorrat auf der Insel angelegt hatte - den verkauft wurden sie tatsächlich nirgends.

Aber was sag ich, Amerika ist nicht Zypern und im nächsten Kaff hatten wir beides wieder. USB Kabel und Linsenstoppel.

Glücklich über die Aussicht nach einer „Linsen aus den Augen Nacht“, gründen wir Rush Hour City.


Rush Hour City

Dienstag, 18. September 2007

mit den Ohren sehen

Abschied vom Golden Beach

Wir sagten dem Lenz ade, um uns wieder in unsere Welt zu begeben - die transistorische.

Wenn man seine meiste Zeit bewegend zubringt und das auf wenigen Quadratmetern (der Nachfolger des defekten Buick brachte mehr), beginnt man eine eigene Welt zu bauen, mit eigenen Ritualien, eigenen Codices.

Vor Tagen haben wir während des Fahrens mit einem Spiel begonnen zu dem uns Paul Auster inspirierte.

Der Beifahrer schließt dabei seine Augen und lässt sich vom Fahrer Gesehenes erzählen. Was sich anfangs simpel und einfach anhört, verwandelt sich schon bald in ein Gewaltspiel der Worte. Zuerst kamen die Definitionen ziemlich banal durch den Raum geflogen. (Ich sehe einen Baum). Als aber das Gegenüber zu fragen begann - was für eine Baumart, welche Farben siehst du, beschreibe den Asphalt, ändert er sich, welche Formen besitzen die Wolken und Berge - wurde dieses Spiel bald zu einer verbalen Meisterschaft.

Die Welt dringt in uns durch die Augen, aber um sie für den anderen fassbar zu machen, müssen wir sie beschreiben. Gleichzeitig wird uns klar wie schnell unüberlegte Worte zu Missinterpretationen führen.

Einmal versuchen wir mit blumiger Sprache, ja fast poetisch dem Gegenüber die Welt zu erklären, danach wieder mit mathematischer Genauigkeit. Einmal vergleicht man Wolken mit Formen, dann wieder mit Eigenschaften. So vergehen die Stunden zwischen unseren kurzen Stopps fast unmerklich. Mit immer größerer Begierigkeit wird die nächste Kurve herbeigesehnt, und wer die Straßen hier kennt weiß es kann sich oft um ein langes Sehnen handeln, um dem Gegenüber mit neuen Beschreibungen eine Welt zu zaubern.

Sieben, acht Stunden am Tag im Auto sind keine Seltenheit. Neben dem Spielen ergibt sich eine andere Möglichkeit - das Lesen. Während die Eva lenkt ergebe ich mich dem Sachbuch „Macht Glaube Politik, Religion und Politik in Europa und Amerika“ (Tobias Mörschel Hg.), in einigen oft stark divergierenden Aufsätzen werden einige Positionen, die meinem Verständnis nach doch ein paar gute Ansätze bilden. Grund genug für uns ausgiebig darüber zu diskutieren, vor allem darüber, warum die Amerikaner so religiös sind:

Ein Grund der erhöhten Religiosität in Amerika könnte angeblich die fehlende Sozialversicherung sein. Eine einfache Formel legt dar, wer versichert ist braucht nicht mehr darauf Hoffen, dass sein leibliches Wohl nur aus dem Gebet resultiert. Umgekehrt würde bedeuten, Säkularisierung komme aus dem Zurückdrängen sozialer Not. Ganz unrecht mag der Gedanke nicht sein, aber alle Punkte von Nichtreligiosität ist er nicht fähig zu erklären


Eine zusätzliche Komponente der Diskrepanz zwischen Europa und Amerika wird mit dem erhöhten Angebot religiöser Gemeinschaften erklärt. Wo das Angebot vermehrt auftritt, dort steigert sich ebenfalls der Konkurrenzdruck. Um seine Schäfchen in diesem Überangebot zu halten, müsste die Leistung der Kirche gesteigert werden, was dadurch die Kundschaft erhöht. Religionszugehörigkeit im Sinne von Markenzugehörigkeit. Ein ziemlich profanes Phänomen. Aber auch diese Tatsache kann nicht im europäischen Kontext angewandt werden. In Deutschland konkurrieren immerhin zwei große Weltreligionen miteinander und von ansteigenden Mitgliederzahlen kann hier nicht die Rede sein - auch die neuen Bundesländer bilden da keine Ausnahme.


Nihilismus pur in Delta, Utah


Eine der eindeutigsten Erklärungen versucht die Frage mit der Einwanderung zu verbinden.

Jeder, der in ein Land einwandert, wird zuerst Anschluss an eine schon vorhandene, nämlich die ihm am ehesten zuordenbare, Gruppe suchen. In Amerika als ein traditionelles Einwanderungsland (melting pot) waren diese Anschlussgruppen religiöser Natur. Dort wurde gemeinsam gefeiert, politisiert, einfach Gesellschaft gelebt. Diese Beobachtung kann sicher auch auf europäischen Einwanderer umgelegt werden.

Warum aber trotzdem immer mehr Europäer von der Religion abfallen wird folgend erklärt:

Die Europäer wurden im 20.Jahrhundert von einer dogmatisch- religiös geprägten Politik in die Nächste gedrängt. Nun hat man genug vom Absolutismus und schwört der Religion ab. Was aber ist mit den Jungen, die nicht unter Faschisten oder Kommunisten leiden mussten? Kann das eine Erklärung sein?

Hat sich die Religiosität im Sinne der katholischen Kirche, nicht einfach in Ersatzreligionen aufgelöst. Frönen wir nicht lieber doch dem Diesseitsparadies, als dass wir auf später warten (wo doch die Lage so unsicher ist). In dem Fall müsste man sagen, ist Selbstmord nicht viel unsicherer als das Leben selbst.


Wir hören auf zu diskutieren und beschreiben wieder die Dinge, die uns umgeben, und so im durchfahren malen wir das zwEintopf auf die Straße.



Freitag, 14. September 2007

Amanda

Erste Neuigkeit gleich vorweg: wir haben ein neues Gefährt und sind schon wieder auf Achse!

Zweite, eher unlogische Neuigkeit: wir sind eigentlich schon weiter als wir sind. Heißt: während ich jetzt über Delta in Utah schreibe, sind wir eigentlich schon weitergefahren. Heißt also weiter: wir sind weiter, hinken also mit dem Schreiben hinterher. so ist das also.

Und wen es wundert, dass Fotos fehlen: Gemeinsam mit unserem lieben Fred hat uns auch ein äußerst wichtiges Kamera-Computer-Verbindungskabel verlassen, für das ich allerdings keinen Namen hatte. Vielleicht war es deswegen nicht so gut auf uns zu sprechen…

Wo war ich? Ich war in Utah und Utah ist da, wo die Mormonen schön wohnen und die Österreicher im Winter immer die Schirennen verlieren (Salt Lake City). Und die Mormonen wohnen übrigens wirklich schön und Mormonen heißt ürbigens eigentlich „Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage“, hier mitten im Bible Belt der USA (erinnert sich noch jeder an den Geographieunterricht: Corn Belt, Bible Belt…)

Übrigens. Hier heißt es Gürtel enger schnallen: Besagte Menschen, die sich besagter Religion zugehörig fühlen, trinken nämlich weder Kaffee noch Alkohol, Rauchen ist nicht und auch sonst scheinen sie sehr sehr arbeitsam. Bekehren wollte man uns auf unserer Durchreise glücklicherweise nicht und Kaffee war zu bekommen, was das stundenlang im Auto sitzen erst möglich gemacht hat. Und so winken wir dem Bible Belt in unserer Windeseile mehr von hinter der Windschutzscheibe zu, als mit den „Dortigen“ in Berührung zu kommen und nehmen uns vor, genauer über die Mormonen nachzulesen und unsere wenigen Beobachtungen, die allesamt von diversen Raststationen und Diners stammen, später mit der Theorie zu vergleichen.

Mehr sozialer Kontakt ist momentan anscheinend nicht möglich, die langen Tage des Fahrens haben uns zu Ruhelosen gemacht. Und Utah kommt uns entgegen – viel weites Land und wenige Menschen.

Worüber ich hier und heute noch viel lieber schreiben möchte, ist Amanda, benannt weder nach Amanda Klachl noch nach der intrigantisch blonden Amanda in Melrose Place, sondern einfach so.

Carsale

Amanda ist groß und geräumig mit Schlafplatz und Platz für Zeugs hinten und hohen Sitzen, auf denen man gewissermaßen über der Landstraße thront vorne. Unsere Amanda ist bereits etwas älter, aber wir haben uns trotz des Altersunterschiedes (ein Menschenjahr sind ja sieben Wohnmobiljahre) angefreundet und immerhin ist auch noch von Mercedes.


I feel sorry for you Fred, we had a great time together, but now I LOVE AMANDA.

Amandas erste Ausfahrt (das rechte Fahrzeug)

Amanda’s last stop: Delta Utah

Sonntag, 9. September 2007

Roadside Attraction

Jetzt bin ja ich auf dieser Reise und damit auch in diesem BLOG die Spezialistin für alles jene, was sich am Straßenrand abspielt, gemeint ist also nicht direkt auf der Straße, aber doch zur Straße gehörig und eben nicht so weit weg von der Straße, dass es ein Umweg wäre oder so. Naja, wie eben eine Tankstelle, die halt auch besser an der Hauptstraße zu situieren ist, als 20 km landeinwärts. Entschuldigung, ich meinte natürlich Meilen. Aber wo führt das hin. Es führt dahin, dass ich nicht weit entfernt von einer weiteren Roadside- Attraction, die ich unbedingt sehen musste, selbst zu einer solchen wurde. Aber dazu später.

Zuerst der Reihe nach. Unsere vorgenommene Reiseroute für die nächsten 12 Stunden: Gold Beach/Oregon to Middlegate/Nevada, mehr als 900 km. Reine Fahrtzeit ca. 9-10 Stunden. Was wir die letzten beiden Tage in Gold Beach getrieben haben? Das wofür es sich am besten eignet und das ist laut örtlichem Tourismusprospekt: „Gold Beach is probably one of the best places in the world to do nothing like walking along a sandy beach just clearing your head“ und besonders letzteres hatten wir für die zweite Strecke, denn ab jetzt geht’s geographisch gesehen ja wieder zurück, dringend nötig. Aber dazu ein andermal mehr.

Jetzt zu Middlegate/Nevada. Denn die Fahrt selbst hat trotz ihrer Länge kaum Probleme gebracht. Hin und wieder tanken, Sprit und Coffee, durch die menschenleere Gegend entlang der Straße starren. Lesen und gegenseitig vorlesen. Radiohören.

Und dann zu Middlegate, vorläufiges Ziel unserer Fahrt. Wir suchen uns ein Motel, um mal auszuruhen. Aber es ist noch hell und man will ja noch etwas erleben, schließlich ist man in der Fremde immer doppelt neugierig. Und so fahren wir noch für einen kurzen Abstecher aus der Stadt hinaus, zum „Shoe Tree“, der berühmten Roadside Attraction von Middlegate, wie man uns erzählt hat.

Ein „Shoe Tree“ ist ganz simpel ein Baum, auf den Schuhe geworfen werden, damit sie sich in seinem Geäst verfangen und den Baum damit zu einem vielbeachteten und besuchten „Shoe Tree“ aufsteigen lassen – es gibt wie immer mehrere solcher Trees in den USA.
Dieser Shoe Tree hat sehr viele Schuhe abbekommen und ist noch nicht daran erstickt. Er hat neben Schuhen immer noch grüne Blätter.



Was die Schuhe im Baum für einen Sinn haben, weiß keiner. Eine „spezifische“ Webside mit Schwerpunkt Straßenrand meint dazu: “The roadside phenomenon of “Shoe Trees“ appears to be on the rise.” Scheint so als hätten die Menschen zu viele Schuhe, würde ich sagen.

Angeblich entstand die hiesige Turnschuh- Collage im Megaformat sogar aufgrund einer Legende: Ein frisch verheiratetes Paar hat angeblich unter diesem Tree gecampt (sehr romantisch) und sich dabei gleich so zerstritten, dass die Braut davonlaufen wollte (für mich sehr nachvollziehbar, wenn sich der Bräutigam nicht einmal für die Hochzeitsnacht ein Hotelzimmer leisten will). Er aber war das, was man hierzulande einen gerissenen Hund nennt, denn er hat ihre Schuhe einfach auf den Baum geworfen und die Flucht damit zu einer wesentlich beschwerlicheren Angelegenheit gemacht (wahrscheinlich gab es damals nur Schotterstraßen..). Wie in einer wirklich guten Geschichte versöhnen sich die beiden natürlich, weil er sich nach einem ausgiebigen Barbesuch volltrunken und reuig zeigt und er wird auch gleich Nachwuchs produziert, dessen erstes Paar Schuhe, wie könnte es anderes sein, auch gleich am Baum landet. Wem die restlichen 10.000 Paar gehören ist leider nicht überliefert.


Falls sie also dringend ihren Schuhkasten entrümpeln wollen, werfen sie die Schuhe einfach auf den Baum vor ihrem Haus und schon haben sie eine Roadside Attraktion, andere Schuhe werden folgen. Ein Tipp am Rande: Besonders wirksam wird der Aufruf es ihnen gleich zu tun, wenn sie erzählen, dass man sich nach dem Schuhwurf etwas wünschen darf. Das wirkt immer…Münze in Brunnen, Schuhe auf Baum, Stofffetzen auf Strauch, alles ist möglich… seien sie kreativ

Achja und warum ich zur Roadside- Attraction wurde: ganz einfach – ganz tragisch: unserem treuen Buick namens Fred (der Name stammt natürlich von mir) haben die 1000 km am Stück nicht so gut bekommen (ich habe ja immer gesagt wir hätten mehr trainieren müssen…), er hat sich während der Rückfahrt vom „Shoe Tree“ einfach verabschiedet und wir sind an den Straßenrand gerollt. Nach unzähligen erfolglosen Neustartversuchen blieb mir dann nichts anderes übrig, als on the Roadside den Daumen zu zücken und uns eine Mitfahrgelegenheit zu organisieren. Was erstaunlich einfach ist, vorausgesetzt natürlich, man ist weiblichen Geschlechts. Hier bekommt das Wort Roadside Attraction eine ganz neue Bedeutung, aber darüber will ich gar nicht näher nachdenken. Erstmal mussten wir schließlich zurück in die Stadt.

Und Fred? Fred mussten wir zurücklassen, um einen Abschleppdienst für ihn zu besorgen.

Armer Fred.

Mittwoch, 5. September 2007

Der 1000km Tag Teil02


Die Möwen kreisen schon über uns, als wir am 3. das erste Mal auf unserer Reise den Strand zum Meer betreten. Seit meinen jugendlichen Enttäuschungen über das Meer, war ich schon unzählige Mal wieder an Orten des salzigen Wassers, aber die Wunden konnten nicht mehr geheilt werden.

Ja Zypern, damals gerade so zwischen Kind und Geschlechtsreife war ich auf ihr - Insel meines Vaters, der damals als Blauhelm die Griechen vor den Türken oder umgekehrt beschützt hat und sich später zusammen mit Arnulf Prasch auf dem Weg machte, um ihnen mit österreichischer Volksmusik endlich richtige Kultur beizubringen.

Damals war es Winter und ich wurde ein zweites Mal vom Meer im Stich gelassen.

Nach den Träumen eines Siebenjährigen, der von seinen Eltern mit nach Kroatien genommen wird - und mit geschlossenen Augen schon Palmen und Sand sieht - um sich danach mit bloßen Füßen auf Felsen die Sohlen aufzureißen und sich nicht ins Meer zu trauen, weil dort so viele Pflanzen und Tiere herumschwimmen, kam dieses Mal die Kälte und der raue Wind den Weg entlang. Es war Dezember.

Zweimal wurde mir das Meer genommen, und seitdem mag ich es nur noch um des Sehens willen oder um es zu hören. Manchmal wate ich noch in den Wogen dahin, um meine Fußabdrücke zu hinterlassen und ihnen nach der zweiten oder dritten Welle beim verschwinden zuzusehen.

Die ersten entspannten Stunden seit Tagen bringen mich zurück auf unsere Fahrt durch Idaho/ Oregon.



Bevor das getrunkene Wasser uns vor einer dubiosen Tankstelle zum stehen zwingt, beglücken wir ein weiteres Falls (Valley) mit unserer Markierung. Mit einem W auf der Straße bringt man sich dem Traum eines überdimensionalen, Amerikawürdigen Zweintopfschriftzuges näher.



Zuerst mussten die Schlüssel im einem kleinen verdreckten Verschlag, von einem großem verschwitzten Typ im dunkelblauen Willamette University Salem Shirt geholt werden, um danach in einen noch dreckigeren Winkel geschickt zu werden. Wir konnten das WC nur hintereinander benutzen und als Eva dran war, verschwand auch der Typ. Ich dachte mir nichts dabei, nur wie später Eva bestätigte, hatte die schleimige Gestalt nichts Besseres zu tun, als über ein kleines Loch ins Klo zu starren. Als sie lauthals protestierte, fuhr er auf und kam wieder zu mir zurück. Wortlos übergaben wir ihm den Schlüssel und, dem Ekel möglichst schnell fliehend, rasten wir davon. Die nächsten Stops der
selben Art versuchten wir in seriöseren stillen Örtchen zu verbringen.

Die Spannertanke

Am Strand besorgen wir uns eine Zeitung und da fällt uns eine Schlagzeile über eine Sexaffäre am Klo ins Gesicht. Darin verwickelt der jetzt ehemalige Senator von Idaho, mit Sitz in Boise. (Boise, die Zweite). Dieser moralapostolische Republikaner hatte nichts Besseres zu tun als sich in so genannten Cruising Zones (in homosexuellen Insiderkreisen „ausgewiesene“ Flächen für den schnellen Verkehr) herumzutreiben. Als er aber am 11. Juni auf einer Flughafenherrentoilette einem verdeckten Ermittler auf dem Leim ging (der fand die Signale aus der Nachbartoilette nicht besonders erotisch), musste er politische Federn lassen - klar das es einer Partei, die für ihre homophobe Haltung bekannt ist, nicht gut in den Plan passt, wen die eigenen Senatoren außerehelichen Vergnügungen frönen. (und wenn es doch vorkommt, sollte man sich wenigstens nicht dabei erwischen lassen). Heute gab er „in front of his family“ den Rücktritt bekannt.

David Letterman meinte dazu nur: “Einige Republikaner fordern Senator Larry Craig auf, schleunigst zurückzutreten. Und zwei von ihnen wollen seine Telefonnummer haben“.

Mit einem erschreckten Lächeln im Gesicht, widme ich mich meiner mitgebrachten Lektüre. „Mond über Manhatten“, von Paul Auster.

Nach den ersten 30 Seiten der Lektüre stirbt der letzte Verwandte der Hauptfigur Marco Fogg, in Boise (Boise, die Dritte).

Ich glaube wir wissen nun alles über diese Stadt.

Sie lässt sich gut umfahren, eignet sich besonders, um die politische Laufbahn zu beenden und auch dem Sterben verschließt sie sich keineswegs.

Montag, 3. September 2007

Der 1000km Tag - Teil 01

Ich bilde mir ein es würde noch dämmern, als am „Tag der 1000km“, Eva aus dem Bett hüpft, mir einen Kuss auf die Wange drückt und meint, sie wolle noch für unsere Wegzehrung sorgen. Ein paar Geräusche später sinke ich wieder in den Dämmerschlaf.

In diesem Zwischenraum denke ich an den auf dem Nachkästchen liegenden Sloterdijk.

Ich denke: Ziehen wir auch einen metaphorischen Weltinnenraum des Kapitals. Wir haben mittlerweile schon viel Geld ausgegeben und noch keines verdient. Die Mauer hat immer zwei Seiten, sonst hat sie keinen Sinn. Sloterdijk meint, dass nach dem Aufheben der Apartheid der Rassimus diffiziler wurde. Nicht mehr reine leicht fassbare Äußerlichkeiten sind mehr Kriterien, sondern schwerer fassbare Zustände ökonomisch - kultureller Ausformung. Hoffentlich bringt die Eva keinen Käse aus der Tube mit.

„Der Kosmopolitismus, kann man sagen, ist der Provinzialismus der Verwöhnten“.

Ich fordere keine interdisziplinären Arbeitsgruppen - ich fordere interdisziplinäre Köpfe.

Ein Bohrhammer ist ganz schön laut, wenn er so für sich alleine hämmert.

Die wenigsten sind Denker - die meisten nur Nach-Denker. Ich auch, ich auch, ich auch…

Ein weiterer Kuss lässt mich endgültig auf nur einer Seite der Wirklichkeit landen. Ob es die Bessere ist? Beim Anblick Evas weiß ich es. Ich stehe auf.

Seit wir den Buick haben, ist die morgendliche Arbeit geschrumpft. Wir wissen, es ist unvernünftig Teile des Gepäcks im Auto zu lassen, aber ich finde es genauso unvernünftig jeden Tag das Gepäck auf ein Zimmer zu schleppen. Die praktische siegt über die reine Vernunft.

Autofahren ist nicht unser Ding. Ich habe das Problem, dass es mir keinen Spaß macht und ertappe mich immer wieder beim Gedankenkreisen lassen. Es kann schon passieren, dass ich Minuten später nicht mehr weiß, was die letzten Minuten fahrmäßig passiert ist. Wie die Geier kreisen die Gedanken über mir. Hoffen auf mich als Aas. Was ich im Bett zu Hause nicht schaffe, funktioniert im Auto hervorragend, nach wenigen Minuten könnte ich schlafen.

Das Autofahren wird zum Kampf. Ein Dreieck spannt sich auf: Schlafen, Gedankensurfen, Verhinderung eines Unfalls. Es wird nicht langweilig und ich habe Gesellschaft.

Während eine ansprechende Landschaft vorbeirast, reden wir über noch nicht erfüllte Erwartungen. Sicher, wir haben ein paar Orte gegründet, aber immer ohne offizielle Unterstützung. Also entgegen unseren Wünschen. Wir haben kein Wohnmobil. Hatten nie Zeit etwas Neues zu Entwickeln - und zeitmäßig wird es nicht besser. Heute ist bestimmt nicht unser letzter 1000km Tag.

Eine Reise bedeutet jeden Tag auf der Jagd zu sein. Essen und Schlafen rauben einem die Zeit. Dazwischen ist fahren. Romantisch werden die Gedanken immer erst im Nachhinein.


Alle 100km wechseln wir uns ab.

Zuerst über die Grenze nach Idaho. Dann beginnt alles zu fallen. Idaho Falls. American Falls. Twin Falls.

Bei Twin Falls gönnen wir uns eine Pause.

Jause aus Evas mit gebrachten Schätzen und eine Markierung, die die Kreuzung der österreichschen Grenze mit dem US Highway 39 zeigt.



Nach 7h „cruisen“, erreichen wir Boise, Hauptstadt Idahos, die wir vom Umfahrungsring aus bewundern und die uns 2 Tage später wieder einholen wird…