Freitag, 12. Oktober 2007

Nihilismus ist eine Glaubensfrage


Die halbe Nacht schlagen wir uns die Pölster um die Köpfe, aber der Schlaf will nicht kommen, nicht seinen Mann mit dem Sack voller Träume vorbeischicken.
Na gut, denken wir, dieses verdammte Pepsi Probekosten – nehmen unsere letzte Hoheitsflagge und wandern los, um dem Birthplace noch einen zusätzlichen Grund zur Betrachtung zu verpassen.
Während Eva sich mit der Montage der Fahne abmüht, baue ich mir vor der Straßenlaterne aus dem gekauften Lego ein Fort. Militär die Zweite, sozusagen.

Das Lego in den Händen lässt Erinnerungsfetzen aufsteigen. Eine Holzkiste, von meinem Opa gefertigt, den wir alle Vater nannten. Der Geruch von Ölfarbe. Bunte Steine, die immer zuwenig waren. Stunden voll des Bauens und Fantasierens. Retten von Piraten aus den Händen der Kolonialen. Ein Zimmer als Meer voller Haie. Ein Stiegenhaus als Tiefseehafen. Eine Schwester, die beim Bauen lästig, aber beim Spielen unabdingbar war. Nervige erzwungene Pausen durch Nahrungsaufnahme. Legowettbewerbe, bei denen immer die anderen gewannen. Vor lauter Aufregung beim über die Straße laufen mit dem Lego in der Hand sich von einem Auto fast in den Tod führen lassen. Mit dreizehn leugnen, jemals damit gespielt zu haben und es in den Keller räumen. Als Student es wieder aus dem stickigen Keller heben, um damit Modelle zu bauen. Mit Lego in der Hand die Erinnerungen anzapfen.



Nihilismus in seiner reinsten Form

Nach einer halben Stunde ein paar Nadelstichen und einem Spagat hält die Flagge auf der Markise. Danach steht noch die Taufe des Forts an. Wenn ich dabei uns so betrachte und die freakigen Legofiguren, dann scheint der Name im nachhinein Fort Nihil (Nihilismus) nicht ganz unpassend gewählt.
Erschreckend beugt sich der Glatzkopf mit Beule über den Ausguck und scheint zu sagen: „Mir ist verdammt noch mal alles scheißegal(und das immer), schau nur einmal dumm (oder auch nur mich an) und ich pump dich mit Plastik voll.“ Nicht minder nihilistisch blicken die anderen Figuren.
Ich sage ja schon immer, jemanden der einen Dauergrinser im Gesicht trägt, dem sollte man nicht vertrauen. Zuerst tun sie großartig freundlich und dann warten sie nicht mal bis man sich umgedreht hat, um einen das „Hackl“ in den Körper zu treiben.



Aber wir merken, genau solche Kerle brauchen wir hier für diesen Job – grundsätzlich philanthropisch, aber nur zu Misanthropen. So lässt sichs leben.

Die Arbeit der Nacht bringt uns am frühen Morgen schließlich doch noch den ersehnten Schlaf.

Heute Mittag suchen wir den Tatort erneut auf und zu unserer Überraschung sind Fahne und Fort noch an ihrem Platz.
Wie schon vermutet, die Amerikaner haben sich mit dem zweintopfschen
Imperialismus abgefunden. Schweigend und mit Haltung nehmen sie ihre Niederlage zur Kenntnis. Hätte diese Welt nun auch diese Macht überstanden - dankend nehmen wir unsere zur Kenntnis.

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